„Heldensohn“


Dokufiktion (2013) 52 Min.
(Status: abgeschlossen)

Lange Zeit galten Superhelden als verwegene Einzelkämpfer, die ihrer Berufung unabhängig von familiären Bindungen nachgehen. Doch der Wandel der Zeit hat auch vor ihnen nicht halt gemacht.
So finden sich Pyro, der Herr des Feuers, und sein heranwachsender Sohn in der Debatte um moderne Vaterschaft wieder. Und die Welt stellt sich die Frage: Wird der Junge in die Fußstapfen seines Vaters treten oder nicht?

„Heldensohn“ ist eine augenzwinkernde Dokufiktion über das mitunter schwierige Verhältnis heranwachsender Männer zu ihren ewigen Mentoren, den eigenen Vätern. Dazu untersucht der Film verschiedene reale Vater-Sohn-Beziehungen vor der Schablone des Superhelden-Topos. Ein solch popkulturelles Gewand liegt nahe, ist es doch die Idee eines übermächtigen Heroen, die kleine Jungs zu ihren Vätern aufschauen und später an ihnen zweifeln lässt – an ihnen und an sich selbst.

Wie viel Vater verträgt ein Sohn? Und wie weit tolerieren „moderne Väter“ wiederum die Superkräfte ihrer Sprösslinge, wenn deren Fähigkeiten den eigenen diametral entgegengesetzt sind? Gemeinsam mit Pyro und seinem Sohn Kryo untersucht „Heldensohn“ den sagenumwobenen Vater-Sohn-Konflikt, der letztlich ein Streit zwischen Autonomie und Abhängigkeit ist. Begleitet werden sie dabei von dem Superhelden-Experten Thomas Hausmanninger und dem Väterforscher Wassilios Fthenakis. Die filmische Reise führt ins Hier und Jetzt, zu Vertretern verschiedener Generationen, die ganz unterschiedliche Konflikte zu bewältigen haben.

Alle porträtierten Väter und Söhne erscheinen – wie sollte es anders sein – in Superhelden-Capes. Auf diese Weise wird die Legende des Vaters Pyro, Herr des Feuers, und seines Sohnes Pyro Junior lebendig, der sich im Laufe seiner Entwicklung in Kryo, den Herrn des Eises verwandeln soll. Die beiden Figuren altern mit den Protagonisten, durch die sie verkörpert werden: Zu Beginn des Films ist der kleine Heldensohn erst vier Jahre alt, am Ende stolze 44 und dabei, selbst ein Vater zu werden.

In der fiktionalisierten Rahmenhandlung entspringt unser Heldengespann der Feder eines Comic-Zeichners, der als Erzähler durch den Film führt. Seine Einfälle sind es, welche die fantastische Welt des Heldensohns überhaupt erst erschaffen. In comicartigen Animationssequenzen verbindet sich das dokumentarische Material so zu einer vollständigen Erzählung. Dabei wird der Zuschauer direkter Zeuge der Entwicklung eben der Geschichte, die er gerade erzählt bekommt: Einem Essayisten gleich ist sich der Zeichner nicht immer ganz sicher, wie die Heldensage weitergehen soll. Gelegentlich revidiert er einen eben erst gesponnenen Erzählstrang, verwirft ihn und setzt neu an. Indirekt legen damit auch die Autoren des Films ihre Mittel vor dem Publikum offen.

Zusätzlich zu den Kostümen der maskierten Helden verfügen die Akteure des Films noch über deren charakteristische Superkräfte. Diese kann der Zuschauer nicht nur in den Comic-Sequenzen bewundern, sondern ebenso in unserer realen Welt, quasi dokumentarisch, im Live-Einsatz. Aus einem kindlichen Spiel im Garten wird eine Wurfübung mit Magmageschossen und aus einem Fußball-Duell zwischen Vater und Sohn ein waghalsiges Gerangel um einen lodernden Feuerball. So verquicken sich Dokument und Fiktion vollends.

Doch die Analogie zwischen den Superhelden und unserem Vater-Sohn-Gespann beschränkt sich keinesfalls auf Fantastik. Sie führt auf direktem Weg zu den Kernthemen des Films: Wenn muskelbepackte Kerle mit übernatürlichen Kräften mediale Hochkonjunktur feiern, wie sieht es dann mit unserem derzeitigen Männerbild aus, wie mit Leistungszwang, Gewaltbereitschaft und Machismus? Sind die aktuellen Phänomene auf diesen Gebieten begrüßenswert, abzulehnen oder schlichtweg normal? Oder sind sie am Ende gar die logische Antwort auf moderne Vaterschaft?

Und die klassische Doppelidentität der einsamen Rächer wirft die Frage auf, in welcher der vielen Rollen, die im Alltag zu „spielen“ sind, man sich selbst am nächsten ist. Lohnt es, dem Idealbild eines Helden nachzueifern oder muss am Ende ohnehin jeder sein eigener Held werden? Freilich haben all diese Fragen auch ihr weibliches Pendant. Zwar bleibt „Heldensohn“seiner Prämisse gemäß ein weitestgehend männlich geprägter Film. Doch das macht ihn nicht weniger unterhaltsam und aufschlussreich für Heldentöchter und -mütter.

Buch & Regie: Patrick Doberenz & Philipp Enders
Produktion: Achsensprung Filmproduktion

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